Ich bin eine Eule. Also nicht in Bezug auf besonders gute Augen (eher das Gegenteil). Auch nicht auf besonders ausgeprägte Weisheit (der eine sagt so, die andere so). Ich bin eine Eule in Bezug auf die vier tierischen Menschentypen von Tobias Beck. Nobel Hobel
Eulen planen sehr gerne. Sind vernünftig und rational. Sie fahren einen Golf Variant oder – ab drei Kindern – einen Seat Alhambra. Sie erstellen vor dem Urlaub eine Packliste. Eulen haben gerne die Kontrolle über alles und überprüfen Dinge im Zweifelsfall drei oder vier Mal. Das führt zu einigen Verhaltensweisen, die ziemlich creepy erscheinen können. Allerdings geraten Eulen auch seltener in stressige Situationen.
Der „Planungs-Wahn“ von Eulen hat aber auch eine sehr positive Auswirkung auf die persönlichen Finanzen. Durch die langfristige Planung und die gute Übersicht zu Einnahmen und Ausgaben, fällt es Eulen leichter mit dem verfügbaren Geld umzugehen. Nein, das ist nicht wissenschaftlich bewiesen. Aber zumindest eine pfiffige These meinerseits. 🙂
Aber im Ernst. Wer würde widersprechen, wenn ich sage:
Nur wer einen Überblick über seine finanzielle Situation und ein Gefühl für seine echten Wünsche besitzt, kann Kaufentscheidungen bewusst treffen.
Durch diese Fähigkeiten, können unnötige Impulskäufe vermieden werden. Denn diese Impulskäufe machen uns – gemäß der Tim Schäfer`schen Lebensphilosophie – ärmer, aber nicht glücklicher.
Es ist der Lifestyle Bullshit, der das Sparkonto belastet, aber keinen Mehrwert stiftet. Frei nach dem bekannten Motto kaufen wir vom Geld, das wir nicht haben, Dinge, die wir nicht brauchen, um Leute zu beeindrucken, die wir nicht mögen.
Eine Loose-Loose-Loose-Situation.
Aber wo ist der Übergang zum Geiz? Nobel Hobel
Wie du von meinen alten Beiträgen weißt, bin ich kein großer Frugalismus-Fan. So gut ich die Ansätze finde, ist die praktische Umsetzung häufig unrealistisch oder nicht zielführend. Das sage ich nicht zuletzt als dreifacher Familienvater (ja, der mit dem Alhambra).
Vielmehr bin ich auf der Suche nach dem richtigen Mittelweg. Dazu gehört die Reduzierung unnötigen Lifestyle Bullshits, aber gleichzeitig der Genuss von schönen und manchmal auch kostspieligen Dingen und Erlebnissen.
Aus meiner Erfahrung als Mittelmäßiger Mittelmaß-Typ, stelle ich mir vor jedem Kauf folgende drei Fragen:
1. Kann ich es mir leisten?
Holzauge, sei wachsam! Hier geht es nicht darum, ob ich genug Geld auf dem Konto habe, um mir etwas zu kaufen. Es geht um die Frage, ob die Ausgabe durch mein Budget (zumindest größtenteils) gedeckt ist. Müsste ich dafür die Rücklagen oder den Notgroschen ankratzen, kann ich es mir eben nicht leisten.
Die Opfer des Lifestyle Bullshits haben oft Konsumschulden. Für den neuen Flat-TV, die coole HiFi-Anlage oder den imposanten Garten-Whirlpool mit Touch-Farbdisplay, isolierter Unterbodenwanne, hochwertigen Premium CMP Wassermassagedüsen und effizienter Zirkulationspumpe.
Ausgaben, die das Budget deutlich übersteigen, führen zwangsläufig zu Konsumschulden. Und diese Schulden führen oft zu Geldsorgen, Stress und teilweise sogar zu Angstzuständen.
Merke: Geldmanagement besteht zum größten Teil aus der Priorisierung der Ausgaben.
2. Macht mich der Kauf glücklich oder kaufe ich es, um andere zu beeindrucken?
Viele Menschen kaufen Klamotten, Technik-Schnick-Schnack oder Schmuck intuitiv. Rund um die Uhr wird uns eingetrichtert, dass wir mit diesem Zeug glücklicher oder erfolgreicher wirken. Wir leben in einer extremen Konsumgesellschaft. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass der Druck noch weiter zunehmen wird. Durch den demografischen Wandel und den technologischen Fortschritt, könnte es zu einem langen wirtschaftlichen Abschwung kommen. Privater Konsum wird dann noch wichtiger als heute schon.
Vor jedem Kauf sollte man sich die Frage stellen, ob sich die eigene Lebenszufriedenheit durch den Kauf erhöhen wird. Oder ob dieser nur dazu dient, um andere zu beeindrucken.
3. Unterstützt der Kauf meine Ziele und Träume?
Ausgaben für Lifestyle Bullshit hindern uns an der Erreichung unserer Träume und Ziele. Statt eines beruhigenden Finanzpolsters, sitzen wir somit am Ende des Tages auf sinnlosem Mist, der uns nicht glücklich macht. Im Gegenteil: Oft macht er noch Arbeit und Stress.
Ich könnte mir beispielsweise kaum nervigeres vorstellen als ein eigenes Boot zu besitzen. Meine Eltern hatten früher so eine kleine Jolle. Selbst das war schon viel Arbeit. Klar, so bisschen auf dem See rumschippern ist schon cool. Aber das geht auch leihweise. Wer braucht bitte ein eigenes Boot?
Wer die finanzielle Freiheit in einem gewissen Stadium erreichen will, darf sein Geld nicht für unnötige Dinge ausgeben, die das Erreichen seines/ihres Zieles verhindern oder verzögern. Und ja: Letztendlich haben alle Ziele irgendwie etwas mit Geld zu tun. Selbst die Verwirklichung von Hobbies wie Gartenarbeit (#schrebergartenliebe) benötigt Zeit und somit finanzielle Rücklagen. Das Geld wächst ja leider nicht auf den Bäumen. Nobel Hobel
Andererseits möchte ich nicht ausschließlich auf ein finales „Endziel“ hinarbeiten. Nicht auf alles verzichten, nur um am Tag X ein bestimmtes Vermögensziel zu erreichen. Das geht meistens nicht gut. Denn oft hat das Leben dann doch einen anderen Plan. Man sollte sich also durchaus auch mal was gönnen.
Abschließende Anmerkung Nobel Hobel
Du musst nicht Peter Zwegat 2.0 sein, um den ganzen Lifestyle-Bullshit abzuwehren. Mir gelingt es auch häufig nicht. Letztens habe ich mir spontan ein Bud Spencer T-Shirt bestellt, nachdem ich eine Doku über den Helden meiner Kindheit gesehen habe. Ein paar Tage später war es dann eine Aufbewahrungsbox für den Garten. (Die war zum Glück durch den Transport kaputtgegangen. Nach der Rücksendung habe ich keine neue gekauft. Geht auch ohne.)
Vor gedankenlosen Impulskäufen, die mir nicht wirklich dienen, bin ich also keineswegs gefeit. Die Hauptsache ist aber, diese Schwäche zu erkennen. Nur damit lassen sich zukünftig „Werkzeuge“ entwickeln, um die Impulskäufe zu verhindern. Oder zumindest besser zu hinterfragen.
Also: Überlassen wir dem Lifestyle-Bullshit nicht die Vorherrschaft. Das Leben bietet viel schönere Dinge als weiße Nobel Hobel.
Hallo,
ein sehr interessanter Beitrag über das Thema Konsum und seine Auswirkungen. Viele Menschen machen sich darüber (leider) viel zu wenig Gedanken und leben quasi von der Hand in den Mund. Das liegt wohl an der fehlenden finanziellen Bildung in Deutschland und den wirtschaftlich guten Zeiten, in denen wir uns seit einer Weile befinden.
Trotzdem (oder gerade deswegen?) ist eine strategische Planung für die eigene Zukunft relevant, um sich vor bösen Überraschungen zu schützen. Wer permanent im hier und jetzt lebt, wird vermutlich im Alter in die Röhre gucken.
Deine Fragen gefallen mir daher sehr gut, denn ein Kauf von (Luxus-)Gütern hat immer irgendwelche Ursachen (z.B. Ansehen gesteuert / Konsum gesteuert / Ziel gesteuert).
Du hast mich ganz besonders mit dem Bud Spencer T-Shirt abgeholt! Ich bin ein großer Fan der beiden und habe zufällig erst heute in meiner Familien-Whatsappgruppe erfahren, dass Terrance Hill bei Winnetou 2 mitgespielt hat 😉
Ich verfolge eine zieldefinierte Dividendenstrategie und fühle mich damit sehr wohl.
Dir viel Erfolg beim weiteren Investieren!
Viele Grüße,
MrTott
Hallo Felix,
es soll einmal eine Zeit gegeben haben, da war die Frage danach, ob man sich eine Anschaffung X leisten kann, die entscheidende Frage vor einer Kaufentscheidung. Die meisten Menschen konnten es sich dagegen nie leisten, an die zweite Frage oder gar die dritte zu denken. Heute leben wir in einer Situation, wo es uns Konsumkredite, gestiegener und menschheitsgeschichtlich einmaliger Wohlstand sowie eine Vollkaskomentalität (“Private Vorsorge?! – Brauche ich nicht; denn der Staat sorgt ja für mich.”) ermöglichen, dass wir uns die zweite und dritte Frage überhaupt stellen können, es aber leider aus eben diesen Gründen paradoxerweise nicht tuen. Umso wichtiger ist es, uns die Dringlichkeit bewussten und verantwortungsvollen Umgangs mit unseren persönlichen Ressourcen wie ein Mantra immer wieder vor Augen zu führen. Denn die kleinen Verführungen des Alltags und die großen Sünden (Nobel Hobel) sind leider so raffiniert verpackt, dass es schwer fällt, ein verantwortungsvolles Konsumverhalten zu einer Gewohnheit werden zu lassen.
Es grüßt
Mirko