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Stock Picking – Du kannst den Markt schlagen!

Wenn du zu den hyperaktiven Aktien-Tradern gehörst (was auf diesem Blog recht unwahrscheinlich ist), dann solltest du jetzt aufhören zu lesen. Alle anderen sind eingeladen, meinen pseudo-philosophischen Ergüssen über die Gedanken den (Aktien-)Markt zu schlagen, zu folgen.

Dabei geht es um die folgende Aussage:

„Du kannst den Markt nicht schlagen!“

Alle Anleger – egal ob aktiv oder passiv – kennen diesen Satz. Manche bestätigen ihn, andere halten ihn aus verschiedenen Gründen für Blödsinn.

Betrachten wir die Aussage aber mal rein logisch. Dann stoßen wir auf zwei Widersprüche:

  1. Die Rendite des Marktes, welches zu schlagen gilt, ist eine durchschnittliche. Wir können davon ausgehen, dass nicht alle Marktteilnehmer die gleiche Rendite haben. Siehe Dirk Müller und Frank Thelen 😉 Dementsprechend muss es aber auch Marktteilnehmer geben, die sehr wohl den Markt schlagen. Sonst funktioniert das mathematische Prinzip des Durchschnitts nicht.
  2. Wenn Dritte der Meinung sind, dass die eigene Anlagestrategie den Markt nicht schlagen kann (beziehungsweise schlechter abschneidet als der Markt), dann müsste ja die reziproke Strategie (das genaue Gegenteil) den Markt schlagen können.

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Über Kommer, Kramer und Pornodarsteller

Tatsächlich gibt es einige Investoren, die regelmäßig und über Jahre hinweg den Markt schlagen. Die reine Aussage „Niemand kann den Markt schlagen“ ist also falsch. Selbst dann, wenn man davon ausgehen würde, dass die Outperformance nur durch eine Reihe von Zufällen und Glück zustande gekommen wäre. So wie es Gerd Kommer beispielsweise beschreibt.

Es gibt aber auch Grund zur Annahme, dass es planbar möglich ist.

Dabei sollte man aber auch zwei Wahrheiten respektieren.

  1. Es ist schwer, den Markt zu schlagen

Vor einigen Jahren gab es für Privatanleger vor allem eine Hürde bei der Geldanlage: die Gebühren. Vernachlässigt man die Transaktionskosten und Depotgebühren, sowie indirekte Kosten wie Spreads oder nachteilige Handelsplatzkurse, dann lässt sich der Markt leichter schlagen. Nicht einfach. Nicht garantiert. Aber einfacher.

Den Markt nach Gebühren zu schlagen ist also besonders schwer. Man startet quasi mit Handicap in das „Spiel“. Sozusagen wie Schalke mit dem aktuellen Trainer Kramer. Das Spiel lässt sich immer noch gewinnen, aber deutlich schwerer also ohne.

  1. Die Chancen stehen nicht bei 50/50

Der österreichische Fußballspieler Herbert Prohaska, genannt „Schneckerl“, brachte es zielgenau auf den Punkt „Die Chancen stehen bei 50:50. Für beide.“ Was beim Spiel mit dem runden Leder synthetischen Kunststoff (manchmal) stimmt, hat beim Stockpicking keine Gültigkeit.

Eigentlich wäre es ja eine logische Schlussfolgerung, dass die Wertentwicklung von Aktien einer Normalverteilung, auch bekannt als Glockenkurve, folgt. Zumindest dann, wenn man die Gebühren vernachlässigt.

Dann müssten 50 Prozent der aktiven Anleger den Markt schlagen und 50 Prozent der Anleger gegenüber dem Markt verlieren.

den Markt schlagen
Von M. W. Toews – Eigenes Werk, based (in concept) on figure by Jeremy Kemp, on 2005-02-09, CC BY 2.5, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1903871
© Urheber: Gerd Kommer, https://gerd-kommer.de/

Aber aufgepasst junger Padawan: Die Performance von Aktien folgt keiner Normalverteilung. Stattdessen folgt die Wertentwicklung einer „Long Tail“-Verteilung. „Long Tail“ ist nicht etwas das Synonym eines zweitklassigen Pornodarstellers, sondern die These hinter dem „80/20-Prinzip“.

Demnach entwickeln sich die meisten Aktien schlechter als der Durchschnitt. Nur eine kleine Anzahl von Highperformern übertrifft den Durchschnitt deutlich.

Das sieht dann ungefähr so aus:

den Markt schlagen
Quelle: danvk.org I https://www.danvk.org/wp/2007-02-11/some-boggle-statistics/index.html

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Meb Fabers Studien den Markt schlagen

Und wer sich mit Long-Tail-Verteilungen von Aktien beschäftigt, stößt schnell auf Meb Faber. Nein, nicht den berüchtigten schweizer Börsenguru „Dr. Doom“ Marc Faber („Ich glaube, Tesla ist ein Unternehmen, dass letztendlich in Richtung null tendiert“; 2016). Ich meine den Blogger, Buchautor und CEO von Cambria Investment Management.

Faber bezieht sich auf eine Studie des BlackStar Fonds. Deren Daten decken den Zeitraum zwischen 1983 und 2006 ab und wurden 2008 veröffentlicht. Die Studie verfolgte 8.000 Einzelaktien aus dem Russell-3000-Index.

Hier ein paar Erkenntnisse:

  • 39% der Aktien haben im o.g. Zeitraum Geld verloren.
  • 19% der Aktien verloren mehr als 75% ihres Wertes.
  • 64% der Aktien schnitten schlechter ab als der Index
  • 36% der Aktien haben den Index übertroffen
  • 18% der Aktien übertrafen den Index um 100% oder mehr
  • 6% der Aktien übertrafen den Index um 500% oder mehr

Und hier das Ganze noch visuell:

den Markt schlagen
Quelle: Meb Faber, https://mebfaber.com/2008/12/02/the-capitalism-distribution-fat-tails-in-action/

Was lernen wir daraus? Dass die Wahrscheinlichkeit den Markt zu schlagen eben nicht bei 50 zu 50 liegt. Bezogen auf die Daten der Studie, liegt die Chance bei nur 36 Prozent.

Ergalso: Es viele schlechte bis mittelmäßige Aktien und nur wenige gute sehr gute.

Indische Pennystocks – Glück versus Können

Vielleicht kennst du Burton Malkiels bahnbrechendem Werk A Random Walk Down Wall Street*. In diesem Buch schreibt Malkiel:

“A blindfolded monkey throwing darts at a newspaper’s financial pages could select a portfolio that would do just as well as one carefully selected by experts.”

Tatsächlich basierte Malkiels kühne Aussage auf akademischer Marktforschung. Darin stellte er fest, dass die Auswahl überdurchschnittlicher Aktien selbst für Experten äußerst schwierig sei. Oha!

Aber gibt es nicht auch Investoren, die langfristig den Markt outperformen?
Definitiv!

Laut Studien verlieren rund 90 Prozent aller aktiven privaten Investoren Geld. Sei es aufgrund fehlender Diversifikation, Konzentration auf bestimmte Strategien oder weil sie ihr Vermögen in indischen Pennystocks versenken.

Und irgendwo muss das Geld ja landen, oder?!

Aber eben nicht bei den Frank Thelens, Jim Cramers und Dirk Müllers dieser Welt, sondern bei den echten Wall-Street-Profis. Bei denen, die im Hintergrund agieren, über wahnsinnige Datenquellen verfügen, das Spiel gegen die Gegner spielen und nicht nur ihre eigenen Karten.

Diese Nerds verbringen 40, 60, 80 Stunden die Woche damit, möglichst viel Rendite zu erzielen. Glaubst du wirklich, dass man als Privatanleger diese Experten schlagen kann? Mit zwei Aktienfinder-Beiträgen und drei Mario Lochner-Videos die Woche?

Bist du sicher, dass du als Privatanleger dieses Spiel gewinnen kannst?

Zweiter Beitrags-Life-Hack: Nein.

Gleichzeitig gibt es aber genügend Verlierer auf der Privatanleger-Seite. Und auch unter institutionellen Investoren. Also muss es auf der anderen Seite auch Gewinner geben.

Wir können also annehmen, dass der echte Aktienmarkt eine Mischung aus Glück und Können ist. Jedoch ist Können wiederholbar. Glück ist es nicht.


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Die finale Wahrheit: Kannst du den Markt schlagen?

Die Behauptung, dass „niemand den Markt schlagen“ kann, halte ich für falsch. Selbst auf lange Sicht ist es möglich.

Ergalso: „Man“ kann den Markt schlagen.

Problem: „Du“ bist (sehr wahrscheinlich) nicht „man“. Sorry, dumm gelaufen.

Wie die oben zitierten Studien zeigen, liegt die grundsätzliche Wahrscheinlichkeit bei weit unter 50 Prozent. Das Problem liegt vor allem in der Wiederholung kurzfristiger Erfolge. Gelingt das nicht, war es zuvor einfach Glück.

Transaktionsgebühren verringern zudem die Chance, den Markt zu schlagen.

Bleiben letztendlich die beiden entscheidenden Fragen:

  1. Lohnt sich für dich als Privatinvestor der Zeitaufwand? Und hier reden wir letztendlich von einem Vollzeitjob.
  2. Bist du schlau und reflektiert genug dazu? Oder plapperst du nur das nach, was andere Analysten oder Finfluencer von sich geben?

Warum solltest du dir die Mühe machen, den Markt zu schlagen? Es ist nicht so, dass du es nicht könntest. Aber es lohnt sich einfach nicht, es zu versuchen.

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4 Gedanken zu „Stock Picking – Du kannst den Markt schlagen!“

  1. Hallo Felix

    schön aufbereitet 🙂 Und natürlich eine gute Erkenntnis – ich denke auch das, für die meisten Privatanleger (so wie mich) das vermutlich nicht hinhaut. Was ich mir vorstellen kann, das man Marktphasen verstärkt ausnutzen kann, aber mehr auch nicht (also jetzt mehr investieren und die cashquote wieder langsam aufbauen).
    Grüße
    Thomas

    1. Ja, das mag in volatilen Zeiten gut funktionieren (siehe Corona-Crash). Wenn es dann mal stetiger hochläuft, rennt man mit seinem Cash wahrscheinlich hinterher. Einige rechnen das in ihrer Performance-Berechnung raus. Aber das ist wieder ein anderes Thema… 😉

      VG
      Felix

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