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Aktienanalysen – Die Prognosemärchen von Analysten

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Der folgende Beitrag erschien erstmals in der 13. Ausgabe des Finanzblogroll Magazins (November 2021) 
Aktienanalysen

Die meisten Menschen, die in Aktien investieren, sind auf der Suche nach Informationen, die sie zur Beurteilung eines Wertes heranziehen. Immer wieder stellt sich die Frage, ob das jeweilige Papier sein Geld wert ist und ob sein Kurs in Zukunft fallen oder steigen wird. Zur Beantwortung steht ein Heer von erfahrenen und jungen Börsenkennern bereit, die ihre Meinung an unzähligen Orten kostenfrei kundtun.

Nun, wenn ein Mann (in der Regel sind es Männer) mit Mitte zwanzig schon weiß, welche Aktien man kaufen soll, dann ist das ein Zeichen seiner außerordentlichen Begabung, nicht wahr? Zumal eine Auswahl an Fachbüchern, die er selbst geschrieben und in Eigenregie veröffentlicht hat, seine Kompetenz zusätzlich unterstreichen. Vielleicht bietet er ja auch für kleines Geld einen Börsenbrief an, in dem regelmäßig die besten Werte angepriesen werden. Ganz sicher eine lohnende Investition, denken manche.

Betrachten wir aber einmal diese Analysen kritisch. Was wird den Menschen wohl veranlasst haben, sich Gedanken über die Börse zu machen und bestimmte Werte zu bewerten? Was treibt ihn dazu, Bücher zu schreiben, Videos zu schneiden, Jahresberichte von etlichen Unternehmen zu studieren und Charts zu analysieren? Aktienanalysen

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Bis auf wenige Ausnahmen ist es der Wunsch, Geld mit seiner Tätigkeit zu verdienen. Natürlich gibt er sich alle Mühe, wirklich wertvolle Informationen zu vermitteln, die als Grundlage für eine Anlageentscheidung ausreichend belastbar sind. Oder etwa nicht? Betrachten wir daher die gängigsten Entscheidungshilfen, die von den Analysten herangezogen werden.

Die Charts Aktienanalysen

Der Kursverlauf eines Wertes wird in Diagrammen dargestellt, diese nennen sich Charts. Dieses ursprünglich englische Wort bedeute übersetzt Diagramm, ein besonders schöner Anglizismus. Doch wie steht es um die Aussagekraft einer solchen Kurve?

Zum Ersten fällt auf, dass diese die Wertentwicklung der Vergangenheit aufzeigt. Natürlich sehen Analysten im Verlauf geheimnisvolle Muster, die auf den Kursverlauf in der Zukunft schließen lassen. Etliche Theorien konkurrieren um die tatsächliche Aussagekraft, eine recht bekannte ist die nach Elliott. Diese sagt aus, dass sich Kurse in Wellen entwickeln, die auf den sogenannten Fibonacci-Zahlen beruhen. Eine schöne Annahme, die zu allerlei mathematischen Überlegungen führt.

Ebenso die Candlestick-Charts, also Kerzen-Diagramme. Diese bilden die Tages-, Wochen- oder Monatskurse in kerzenähnlichen Formen ab. Die Differenz zwischen Eröffnungs- und Schlusskurs bildet den Kerzenkörper, Ausschläge darüber hinaus den Docht. Liegt der Schlusskurs über dem Eröffnungskurs ist die Kerze weiß, sonst schwarz. Im Internet finden sich dann zahlreiche Interpretationen zu den jeweiligen Formen und Wiederholungen, eine Unzahl an Formationen sagen dem gewieften Analysten, ob der Wert steigen oder fallen wird.
Darüber hinaus verfügt der Sachkundige über elementares Wissen anderer wichtiger Kenngrößen. Bollinger Bands, Volumen, Momentum, RSI und MACD verwirren ihn nicht, sondern sprechen zu ihm mit klarer Sprache. Es macht ihm daher große Freude, sein Wissen kundzutun und so den unwissenden Anlegern zu helfen. Aktienanalysen

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Natürlich haben alle Chartmodelle ihre Existenzberechtigung und es ist wirklich so, dass sie die Kursentwicklung mehr oder weniger gut erklären. Allen wohnt jedoch inne, dass erst im Nachhinein gesagt werden kann, welches Modell treffend ist. Es gibt nur ganz wenige Chartsignale, die aussagekräftig genug sind, um alleine des Charts wegen zu kaufen. Aller Erfahrung nach liegen Chartanalysten bestenfalls in Zeiten einer ausgeprägten Baisse oder Hausse richtig, ansonsten findet man auf dem Parkett kaum welche, die dauerhaft in Erscheinung treten.

Die Jahresberichte

Jede in Deutschland gelistete AG ist verpflichtet, alljährlich einen Geschäftsbericht vorzulegen. Die von der Deutschen Börse AG im Prime-Standard notierten Gesellschaften müssen dies sogar jedes Quartal tun. Selbstredend wissen die Analysten um diese Berichte und haben die der rund 300 Aktiengesellschaften des Prime-Standards gelesen und verstanden.

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Nun ist es so, dass diese Angaben auch nur die Zahlen der Vergangenheit beinhalten. Also, wenn sie denn nicht geschönt wurden, was leider allzu oft vorkommt. Ebenso die Geschäftsaussichten, die meist über den später tatsächlich erwirtschafteten Gewinnen liegen. Doch egal, vollmundig werden aufgrund dieser von den Firmen selbst verfassten Bekanntmachungen Werte empfohlen, ganz so, als seien dies neutrale und unabhängige Geschäftsberichte kritischer Institute.

Selbst in dem Fall, dass die Zahlen stimmen und die Aussichten solide eingeschätzt wurden, gibt es keine Garantie, dass die Gesellschaft in Zukunft rentabel wirtschaften kann. Und selbst wenn sie dies tut, heißt das noch lange nicht, dass der Kurs ihrer Anteile steigen wird. Die Masse der Anleger kann durchaus ihr Geld in andere Werte investieren oder sich in Krisenzeiten gänzlich aus dem Markt zurückziehen.

Das Kurs-Gewinn-Verhältnis

Immer wieder wird dieser Quotient zur Beurteilung von Aktienwerten herangezogen. Er sagt aus, in wie vielen Jahren der Wert der Gesamtheit der Aktienwerte erwirtschaftet wird. Dabei unterstellen die Analysten, dass ein niedriges Verhältnis für einen günstigen Kurs spricht und ein hoher für eine eher wenig lohnende Anlage. Doch ist dem wirklich so?

Angenommen, eine Gesellschaft mit einem Wert von einer Million Euro hat es geschafft, im jährlichen Geschäftsbericht einen Gewinn von einer halben Million auszuweisen. Das Verhältnis wäre demnach eine glatte Zwei, das ist nach gängiger Meinung recht wenig. Doch ist die Firma dadurch automatisch auf Wachstumskurs und werden ihre Aktien im Wert steigen? Das ist zumindest zweifelhaft, weil die niedrige Bewertung wohl ihren Grund hat. Vielleicht wurden Immobilien verkauft, die Kosten durch radikale Stellenstreichungen gesenkt oder Erlöse aus anderen Geschäftsbereichen gebucht, man weiß es nicht. Sicher ist nur, dass die Mehrzahl der Investoren derzeit nicht daran glauben, dass diese Gewinne dauerhaft sind und darum auf ein Engagement verzichten. Aktienanalysen

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Bei hohen Verhältnissen ist auch Vorsicht geboten. Entweder sind die Gewinne unerwartet stark gefallen oder eine Mehr-zahl von Aktionären spekuliert auf zukünftige Gewinne, die aber ausbleiben können. In der Vergangenheit wurden bereits etliche Warengruppen völlig überbewertet. Aktien von Firmen aus dem Bereich Biotechnik waren um die Jahrtausendwende Unsummen wert, heute hat von den ehemaligen Börsenmillionären kaum noch einer ein nennenswertes Vermögen.

Das Renditeversprechen

Selbstverständlich möchte jeder, der sein Geld investiert, dieses nach Möglichkeit vermehren. Dabei gilt grundsätzlich, dass eine hohe Rendite in aller Regel mit einem hohen Risiko einhergeht. Natürlich kommt es immer wieder einmal vor, dass ein Wert sich binnen kürzester Zeit im Kurs vervielfacht. Selbst bei den soliden Werten aus dem DAX ist dies in wenigen Monaten oder Jahren möglich. Aber ein Blick in die Charts zeigt, dass das nur selten geschieht.

Nun gibt es Analysten, die ein Verfünffachung oder gar Verzehnfachung in nur wenigen Wochen vorhersagen. Und dies bei Firmen, von denen man bis vor kurzer Zeit noch nie etwas gehört hat oder die erst kürzlich zur Aktiengesellschaft geworden sind. Es kann zwar sein, dass die Empfehlung gute Gründe hat, eine Verwirklichung des Renditeversprechens ist aber eher unwahrscheinlich.

Die Analysten selbst

Nachdem nun ein Blick auf die wichtigsten Instrumente zur Kursbewertung geworfen wurde, ist es an der Zeit die Motivation der Aktienanalysten erneut zu beleuchten. Tatsächlich ist es so, dass davon ausgegangen werden kann, dass keiner der Analysten den Gewinn seiner Zuhörer im Sinn hat. Auch augenscheinlich seriöse Berater preisen nur das an, was ihnen selbst zum Vorteil gereicht. Ähnlich wie im Restaurant, wo die Empfehlung des Kellners letztendlich das umreißt, was der Koch unbedingt loswerden möchte, liegt hinter jedem vermeintlich guten Börsenrat ein Eigennutz.

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Analysten, die bei einer Bank angestellt sind, werden sich hüten, Werte herabzusetzen, die vom eigenen Institut gehalten werden. Er wird eher die Aktien anpreisen, die der Vorstand abstoßen möchte. Selbst wenn er in seiner Entscheidung frei ist, ist sein Rat zweifelhaft. Mögliche gute Ergebnisse sind oft im Kurs bereits eingepreist und jegliche Abweichung von den oft überzogenen Erwartungen können den Wert herabsetzen. Papiere, die im Kurs sehr tief stehen, werden nicht empfohlen, weil weiterhin schlechte Ergebnisse erwartet werden. Erholt sich die Firma, steigt der Kurs, ohne dass dies im Vorfeld von einem Analysten angemerkt wurde. Aktienanalysen

Freie Analysten sind oft entweder mit der Firma verbandelt oder halten selbst die angepriesenen Werte. Sie empfehlen das, was ihnen den Lebensunterhalt sichert und nicht das, was ihren Lesern und Zuschauern zu Vermögen verhilft.

Selbst Kundenberater, die bei einer Bank angestellt sind, versuchen die Produkte zu verkaufen, die ihre Arbeitgeber anbieten. Der möchte natürlich Profit erwirtschaften und wird an dem empfohlenen Finanzprodukt meist mehr verdienen als der Kunde.

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Ein besonders krasser Fall führte erst vor wenigen Jahren zu einer Finanzkrise mit weltweiten Auswirkungen. Die Ratingagenturen, die regelmäßig Börsenwerte analysierten und einschätzten, hatten die verbrieften Immobilienkredite der Banken mit Bestnoten bewertet. Darum wurden diese mit immer höheren Kursen gehandelt, ohne dass der Wert in Frage gestellt wurde. Erst als erste Zweifel an dem inneren Wert der Papiere aufkamen und die Banken anfingen, sich gegenseitig zu misstrauen, begann das Unheil. Viele Institute hatten aufgrund der Analystenmeinungen erhebliche Summen in diese verbrieften Kredite investiert. Als dann vermutet wurde, dass diese Papiere nahezu wertlos waren, erhöhten die Banken den Zinssatz, den sie andere Banken für die Bereitstellung von Mitteln berechneten. Als Folge wurde der für die Wirtschaft wichtige Geldfluss unterbrochen und die Krise nahm ihren Lauf.

Was aber kann nun der Anleger tun, um nicht auf falsche Analysen hereinzufallen? Die Antwort ist denkbar einfach, er sollte nicht auf fremden Rat hören und seinen eigenen Ideen vertrauen. Aktienanalysen sind sehr komplex, kaum ein Unternehmen oder eine Einzelperson ist bereit, in die dafür notwendige Ausbildung zu investieren. Dazu kommt, dass oftmals der Eigennutz im Vordergrund steht, so dass selbst engagierte Analysten Falschaussagen tätigen. Kurzum, wer eine plausible Idee hat, welche Branche oder welche Aktien im Wert steigen könnten, der sollte seinem Bauchgefühl trauen und sich engagieren. Fällt das Papier etwas im Kurs, kann man getrost noch einmal nachkaufen. Erst bei deutlichen Verlusten sollte die weitere Beteiligung ernsthaft überdacht werden. Aktienanalysen

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